Gender Mainstreaming

Inhaltsübersicht

Einführung

Gender Mainstreaming gehört sicherlich zu den Reizworten in der Geschlechterdebatte, da es als ideologische Ursache vieler Diskriminierungen von Männern und Unterwanderung der Demokratie angesehen wird.

Der Begriff Gender Mainstreaming ist von den daran interessierten Akteuren immer recht diffus gehalten worden, um der Kritik keinen Angriffspunkt zu bieten. Eine verbreitet akzeptierte und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) offiziell abgesegnete Definition findet sich auf http://gender-mainstreaming.net:

Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.
Auf den ersten Blick hört sich das durchaus plausibel an und scheint eigentlich selbstverständlich, enthält aber mehrere geschickt gestellte Fallen. Die Definition auf http://gender-mainstreaming.net wird im Text erläutert mit Begriffen wie "Geschlechtergerechtigkeit" oder "... tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung" oder "... zur Förderung einer tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter beitragen" (zu den Kampfbegriffen "Geschlechtergerechtigkeit" und "tatsächliche Gleichberechtigung" s. jeweils separate Seiten).

Gleichstellung wird bei der BMFSFJ-Definition nur versteckt in den Erläuterungen als Ziel angegeben. Diverse Definitionen aus anderen Quellen benennen es dagegen explizit in der Definition, z.B. http://www.uni-due.de/genderportal/mainstreaming_definition.shtml:

Gender Mainstreaming ist eine langfristige Strategie zur Förderung der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern.
Wesentlich ist dabei, daß alle Definitionen mit sehr unscharfen Begriffen wie z.B. "Interessen", "Gleichstellung", "tatsächlichen Gleichstellung" (gibt es auch eine nicht tatsächliche Gleichstellung?) oder "Geschlechtergerechtigkeit" arbeiten und die wahren politischen Absichten kaschiert werden. Ferner werden als Täuschungsmanöver die beiden fundamental verschiedenen Begriffe Gleichberechtigung und Gleichstellung gleichgesetzt.

Kurioserweise wird auch der Begriff "Gender" falsch verwendet; man kann dies noch am ehesten als feministisches Doublespeak auffassen. Gender bezeichnet das soziale Geschlecht im Unterschied zum biologischen Geschlecht. Gender Mainstreaming-Maßnahmen orientieren sich aber so gut wie ausschließlich am biologischen Geschlecht und kommen fast ausschließlich biologischen Frauen zugute. Die resultierenden innere Widersprüche mit feministischen Dogmen werden unten separat diskutiert.

Wir beziehen uns i.f. vor allem auf diese ministerielle Definition des BMFSFJ und machen die diversen darin versteckten Aussagen zunächst explizit. Danach gehen wir auf die einzelnen unscharfen Begriffe ein und analysieren u.a., welches Potential zur Installation willkürlicher feministischer Gesetze und Verordnungen dadurch für den Feminismus entsteht.



Falle 1: Versteckte Aussagen

Die Begriffsdefinition des BMFSFJ setzt gleich mehrfach bekannte hypnotische Sprachmuster ein, um die Akteure im politischen Prozeß zu täuschen und zu Entscheidungen zu bewegen, die bei voller Kenntnis der Sachverhalte so nie getroffen worden wären.

Durchgängig wird das Sprachmuster Ambiguität verwendet, also die Verwendung unklarer Begriffe und Aussagen. Die Suche nach der korrekten Bedeutung wird implizit dem Zuhörer aufgebürdet, was ihn mental von den wichtigen Punkten ablenkt und, weil die Unklarheiten gar nicht lösbar sind, bei ihm ein Gefühl der fehlenden Qualifikation oder sogar Schuld hinterläßt. Letzteres führt zu einer defensiven Haltung, aus der heraus man sich nicht mehr traut, die Unsinnigkeit der Definitionen anzugreifen.

Intensiv gearbeitet wird ferner mit dem Sprachmuster Präsupposition, also der ungewollten Zustimmung zu versteckten Aussagen. Folgenden Aussagen stimmt man bei Verwendung der Definition des BMFSFJ implizit zu, denen man sehr wahrscheinlich klar widersprechen würde, wenn sie explizit geäußert würden:

  1. Frauen und Männer haben bei bei allen gesellschaftlichen Vorhaben und Kontexten unterschiedliche Interessen.
  2. Die komplette Wirklichkeit, in der man lebt, hängt vom Geschlecht ab. Wenn z.B. ein Mann und eine Frau Steuern zahlen müssen, ist das nicht das gleiche.
  3. "Die Männer" bzw. "die Frauen" sind keine Individuen, sondern Gruppen von Personen, die gleichartige Interessen haben. Die Interessendifferenzen innerhalb der Gruppe sind vernachlässigbar gegenüber den Interessendifferenzen zwischen den Gruppen.
  4. Aus Aussage 2 folgt, daß Männer die Interessen von Frauen nicht verstehen und daher nicht mitdefinieren können und umgekehrt. D.h. der politische Prozeß muß grundsätzlich von zwei gegeneinander arbeitenden Lagern ausgehen.
  5. Wörtlich genommen wird ausgesagt, daß die Interessen von Frauen und Männern normalerweise, also ohne die hier geforderten besonderen Maßnahmen, nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden.
    Sofern aber irgendwie die Interessen von Frauen oder Männern betroffen sind und deren Durchsetzung verlangt wird, ist in unserer Gesellschaft klar, daß damit ausschließlich Frauenförderung gemeint ist. Symptomatisch ist schon der Name des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den man kürzer fassen könnte als "alle außer Männer". Eine im Kontextwissen versteckte Aussage ist somit die Zustimmung zu Gleichstellungsmaßnahmen bzw. konkret einseitiger Frauenförderung.
Die Aussagen sind außerdem unscharf und interpretationsbedürftig (Sprachmuster: Ambiguität) und eröffnen nahezu beliebige Interpretationsspielräume für diejenigen, die die Machtposition innehaben, die Interpretation bestimmen zu dürfen.


Falle 2: Die Begriffe "Frauen" und "Männer"

Eine erste begriffliche Falle sind die Begriffe "Frauen" und "Männer". Beides sind sehr große Gruppen, nämlich jeweils ca. die Hälfte der Bevölkerung. Diese beiden Gruppen sind in sich sehr heterogen. Die "Wirklichkeit", in der Männer bzw. Frauen leben, hängt sehr stark ab von
  • der Einkommensklasse,
  • der Religionszugehörigkeit,
  • der Region (ärmer oder reicher, ländlich oder städtisch),
  • der dominierenden Sprache und Kultur des sozialen Umfelds
und weiteren Faktoren. Diese Faktoren sind wesentlich wichtiger als das Geschlecht. Es gibt also nicht "die Frau" oder "den Mann" - dies wird auch in vielen feministischen Argumentationen immer wieder, wenn es argumentativ brauchbar ist, betont. Daher gibt es auch nicht die in der Definition unterstellten einheitlichen "Lebenssituationen und Interessen" von Frauen und Männern.
"Die Männer" bzw. "die Frauen" sind keine Kollektive mit einheitlichen Wahrnehmungen und Interessen.

Die Begriffe "die Interessen von Frauen" bzw. "die Interessen von Männern" sind also im Kern völlig inhaltsleer. Dies erlaubt es den politischen Instanzen, die Gender Mainstreaming umsetzen dürfen, völlig willkürlich festzulegen, worin "die Interessen" von Frauen und Männern bestehen.

Diese Willkür führt manchmal zu erstaunlichen Resultaten bzw. wird daran sichtbar: Es werden z.B. umfangreiche Werbemaßnahmen durchgeführt, mit denen Frauen davon abgebracht werden sollen, Kindergärtner zu werden, weil dieser Beruf schlecht bezahlt ist. Zugleich werden umfangreiche Werbemaßnahmen durchgeführt, mit denen Männer dazu überredet werden sollen, Kindergärtner zu werden, weil dieser Beruf sehr erfüllend und gesellschaftlich wertvoll ist.



Falle 3: "Bei allen gesellschaftlichen Vorhaben"

Praktisch alles in der Politik ist ein gesellschaftliches Vorhaben, und Vorhaben bestehen aus vielen Details, in denen Männer und Frauen irgendwie teilhaben. Der Anspruch, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben und dort bei jeder Gelegenheit, wo Menschen auftreten, über deren geschlechtsspezifische Wirklichkeit - wie immer diese aussehen mag - nachzudenken und entsprechend aufwendiger zu planen, ist völlig unerfüllbar und wäre nur bei einer immensen Aufblähung der staatlichen Bürokratien halbwegs umsetzbar.

Im Endeffekt kann nur bei wenigen, willkürlich ausgewählten gesellschaftlichen Vorhaben tatsächlich der Aufwand getrieben werden, die Interessen von Frauen und Männern explizit zu berücksichtigen, z.B. um spezielle Lösungen für Männer bzw. Frauen zu schaffen.

Die Willkür bei der Auswahl dieser gesellschaftlichen Vorhaben zeigt sich vor allem daran, daß fast ausschließlich die Interessen von Frauen - wie immer diese definiert seien - berücksichtigt werden. Die Definition von Gender Mainstreaming erzwingt diese Schieflage nicht, sie ist aber offensichtlich der Wille der feministischen Akteure, die für die Einführung von Gender Mainstreaming gekämpft haben. Diese Akteure besetzen heute alle relevanten politischen Machtpositionen, die zur Durchsetzung von Gender Mainstreaming-Maßnahmen erforderlich sind. Sie sind weitgehend feministisch (bzw. antimaskulistisch) geprägt (vgl. auch die Seite Die Feministische Infrastruktur und der Staatsfeminismus).
Die offensichtliche Benachteiligung von Männern bei der Auswahl von Maßnahmen wird häufig damit rechtfertigt, daß feministischen Theorien zufolge Männer ein zu Unrecht privilegiertes Geschlecht sind und dieses Unrecht gemäß dem Prinzip Blutrache kompensiert werden muß.



Falle 4: "berücksichtigen"

Der Begriff "berücksichtigen" eröffnet nahezu beliebige Interpretationsspielräume, sowohl hinsichtlich der Bewertung der Wichtigkeit der Interessen (fast ausnahmslos von Frauen) als auch hinsichtlich der umzusetzenden Maßnahmen und ggf. der negativen Auswirkungen auf das jeweils andere Geschlecht. Was "berücksichtigen" bedeutet, ist letztlich wie auch schon die Auswahl der Interessen eine Frage der Machtposition.

Eine der wichtigsten Formen, wie die Interessen von Frauen berücksichtigt werden, sind bekanntlich Frauenquoten in ausgewählten lukrativen beruflichen Positionen oder politischen Machtpositionen. Gender Mainstreaming steht aber in einem krassen inneren Widerspruch zu derartigen Quoten, der unten im Abschnitt Innere Widersprüche erläutert wird.



Falle 5: Das fehlende Mitspracherecht

Selbst wenn die Absicht bestehen würde, die Interessen von Frauen und Männern gleichberechtigter zu berücksichtigen, wäre die Definition von Gender Mainstreaming als solche oft nicht hilfreich: Interessen von Frauen und Männern stehen in manchen Fällen einander entgegen, z.B. bei Frauenquoten. Die Strategie "Gender Mainstreaming" würde den Konflikt eventuell bewußter machen (falls er zufällig übersehen wird), kann ihn aber (sofern man Gender Mainstreaming nicht als einseitige Frauenbevorzugung versteht) nicht lösen.

Nun sind Interessengegensätze in Demokratien nichts ungewöhnliches, daher es gibt demokratische Verfahren, um letztlich mehrheitliche Entscheidungen herbeizuführen. Das eigentlich tückische an der Strategie "Gender Mainstreaming" liegt darin, daß sie (gemäß weiteren Erläuterungen auf http://gender-mainstreaming.net) als reines Verwaltungshandeln definiert wird und damit von jeder politischen Debatte und demokratischer Konsensfindung ausgenommen wird.

Dies ermöglicht auch ein andernorts unvorstellbares Kuriosum: In der Geschlechterpolitik definieren bei den aktuellen Machtverhältnissen feministische Frauen die (offiziellen) Interessen von Männern.

Bei allen demokratischen Auseinandersetzungen entwickelt normalerweise natürlich jede Partei selber ihren Standpunkt und vertritt sich selber in Debatten. Es gibt indes in allen einschlägigen Ministerien entweder gar keine formelle Instanz, die die Interessen von Männern vertritt, oder diese Ministerien sind weitestgehend weiblich besetzt und eindeutig feministisch orientiert. Die Strukturen sind ähnlich absurd, wie wenn bei Tarifverhandlungen die Arbeitgeber die Lohnforderungen der Arbeitnehmer aufstellen und gegen sich selber verhandeln würden und außerdem zu entscheiden hätten, ob eventuell gestreikt wird.

Die Definition des Begriffs Gender Mainstreaming übersieht zufälligerweise das Problem, daß Interessen von Frauen und Männern sehr häufig gegensätzlich sind und daß es in einer Demokratie ausschließlich Männern vorbehalten sein müßte, ihre Interessen, die "von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen" sind, zu definieren und zu vertreten.

Gender Mainstreaming hat sich in der Praxis als Mittel zur Unterminierung demokratischer Grundprinzipien und Errichtung totalitärer Machtstrukturen, die sich demokratischen Kontrollen entziehen, herausgestellt. Die reine Definition und der Grundgedanke von Gender Mainstreaming erzwingen diesen Mißbrauch keineswegs. Die weit überwiegend feministischen Aktivisten, die Gender Mainstreaming durchsetzen konnten, hatten aber ganz offensichtlich diese Absicht (s. ergänzende Lektüre) und nutzen die unter neutral klingenden Deckmantel "Gender Mainstreaming" geschaffenen Machtpositionen zur flächendeckenden Durchsetzung der feministischen Ideologie.



Fazit

Wohlwollend betrachtet ist Gender Mainstreaming nur eine Strategie, ohnehin geltende Gesetze durchgängig anzuwenden - was eigentlich selbstverständlich sein sollte -, es ist selber kein neues Recht, dazu sind die Definitionen viel zu vage. In der Praxis führt Gender Mainstreaming allerdings zu einer massiven Diskriminierung von Männern:

  1. Die bewußt vagen Begriffe in der Definition ermöglichen eine beliebige Willkür bei der Auswahl der Personen, die Interessen "der Frauen" bzw. "der Männer" definieren und vertreten. Von daher ist es kein Zufall, daß praktisch ausschließlich Maßnahmen realisiert werden, die sich gegen Männer richten. Beispiele:
    • In praktisch allen Gleichstellungsgesetzen werden die Gleichstellungbeauftragten dazu verpflichtet, ausschließlich die Interessen von Frauen zu vertreten.
    • Das Hochschulzukunftsgesetz (HZG NRW) verpflichtet z.B. alle Hochschulen eines Landes gesetzlich zur einseitigen Bevorzugung von Frauen. §3 "Aufgaben", Absatz (4) schreibt den Hochschulen vor:
      "Die Hochschulen fördern ... die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Hochschule und wirken auf die Beseitigung der für Frauen bestehenden Nachteile hin. Bei allen Vorschlägen und Entscheidungen sind die geschlechtsspezifischen Auswirkungen zu beachten (Gender Mainstreaming)."
      Es wird hier klar und rechtlich bindend ausgedrückt, daß Gender Mainstreaming ausschließlich als einseitige Frauenförderung zu verstehen ist.
    Selbst dort, wo die einseitige Bevorzugung von Frauen nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, also mehr Handlungsspielräume bestehen, werden diese Spielräume ausschließlich zugunsten von Frauen ausgenutzt (vgl. BMFSFJ2004),
  2. Gender Mainstreaming hat sich in der Praxis als Mittel zur Unterminierung demokratischer Grundprinzipien und Errichtung totalitärer Machtstrukturen herausgestellt, die politisch relevante Entscheidungen den üblichen demokratischen Kontrollen entziehen.
  3. Gender Mainstreaming war und ist der wichtigste Hebel, die immensen Mittel zum Aufbau und Unterhalt der Feministischen Infrastruktur zu erlangen. Diese Infrastruktur unterminiert das Grundrecht auf Gleichberechtigung, weil hierdurch Rechte von Frauen mit wesentlich mehr Nachdruck durchgesetzt werden als Rechte von Männern.


Innere Widersprüche

Die vorstehenden Abschnitte haben auf die Willkür zugunsten von Frauen hingewiesen, die Gender Mainstreaming durch die unscharfen Begriffe ermöglicht. Theoretisch begründet wird die Bevorzugung von Frauen nicht, es wird stillschweigend auf verbreitete feministische Theorien Bezug genommen, wonach eine soziale Struktur namens "Patriarchat" existiert, die alle Männer automatisch privilegiert, und Frauen angeblich "strukturell diskriminiert" sind, weswegen Männer kompensatorisch diskriminiert werden dürfen. Wenn man die Gender Mainstreaming-Definitionen genauer betrachtet, fallen Widersprüche zu feministischen Theorien auf, die deren zentrale Thesen bzw. Annahmen ungewollt infrage stellen. Nochmal:
... die unterschiedlichen .... Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.

Keine Unterscheidung zwischen biologischem oder sozialen Geschlecht

Es ist unklar, ob in der Definition mit "Frauen" bzw. "Männern" biologische oder soziale Geschlechter gemeint sind. Dafür, daß biologische Begriffe gemein sind, spricht u.a.:
  • Faktisch zielen fast alle Gender Mainstreaming-Maßnahmen dahin, biologischen Frauen Vorteile zu verschaffen. Die aktiven und passiven Sonderrechte, die Gender Mainstreaming-Maßnahmen einrichten, können nur von biologischen Frauen in Anspruch genommen werden.
  • Die Definition redet von "... Frauen und Männern" und betont damit den Gegensatz zwischen Männer bzw. Frauen; diese sind aber nur im biologischen Sinn eindeutig unterscheidbar (Frauen produzieren Eier und können schwanger werden, Männer produzieren Sperma); bei sozialen Rollen kann man leicht mehr als zwei Fälle unterscheiden.
Gegen biologische und für soziale Begriffe spricht:
  • Biologische Frauen bzw. Männer bilden keine sozialen Gruppen mit homogenen Wahrnehmungen und Interessen, s. Falle 2: Die Begriffe "Frauen" und "Männer".
  • Der Begriff Gender wird der Bezeichnung "Gender Mainstreaming" äußerst prominent plaziert, er ist zentral für den Feminismus (als zugrundeliegende Ideologie).
Im Endeffekt werden die beiden Begriffsdefinitionen heillos vermischt. Dies steht in eklatantem Widerspruch zu so gut wie allen feministischen Ideologievarianten: dort wird stets größter Wert auf eine klare Trennung dieser beiden Begriffe gelegt, weil Frauen gerade nicht auf ein einheitliches weibliches Rollenmodell festgelegt werden sollen.
Diese Begriffskonfusion ist so erstaunlich, daß es schwer fällt, an einen Zufall zu glauben; sofern beabsichtigt, wäre es ein weiteres Beispiel für feministisches Doublespeak.

Invariabilität des (sozialen) Geschlechts

Nach der Definition haben Menschen offenbar ein fest vorgegebenes Geschlecht, das zu berücksichtigen ist. Die simple Lösung, die Interessen von Frauen und Männern einfach durch Umerziehung, Hypnose oder sonstige Mittel anzugleichen, ist nicht erlaubt. Frauen und Männer haben im Gegenteil ein Recht, verschieden zu sein (als einzelne Person sowieso, aber auch statistisch) und ihre Unterschiede zu behalten. Für Unterschiede in den biologischen Geschlechtern ist dies trivial und sehr alte Praxis, daher sind offenbar soziale Geschlechterrollen mitgemeint.

Dies ist ein eklatanter Widerspruch zu zentralen (radikal-) feministischen Theorien, wonach das Geschlecht sozial konstruiert ist, also durch Umerziehung auch geändert werden könnte, und wonach es "eigentlich" keine unterschiedlichen Geschlechterrollen gibt, also von Natur aus gleich viele Frauen und Männer z.B. Ingenieure, Grundschullehrer und DAX-Vorstand werden wollen. Gender Mainstreaming ist auch nicht als Übergangslösung konzipiert, die Definition unterstellt eine dauerhafte wesentliche Verschiedenheit von Frauen und Männern.

Verstärkung der Geschlechterunterschiede

Gängigen feministischen Theorien und Politkerinnen zufolge müssen existierende Interessenunterschiede zwischen den Geschlechtern eingeebnet werden, weil unnatürlich.

Gender Mainstreaming wirkt dem diametral entgegen: Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden sogar noch betont und verstärkt. Erstens werden sie explizit gesucht und festgehalten, also besonders bewußt gemacht. Zweitens ist es das Ziel, Männer und Frauen unterschiedlich zu behandeln, d.h. die Unterscheidung wird sogar organisatorisch und/oder gesetzlich verankert und ist, einmal existent, kaum noch zu beseitigen, weil die davon profitierenden Frauen heftigen Widerstand gegen eine Abschaffung von "Fördermaßnahmen" leisten werden. Insb. das Stereotyp, daß Frauen schwach und hilfsbedürftig sind, wird intensiv vermittelt und hat vielfach den Effekt, Frauen tatsächlich zu infantilisieren.

Heteronormativität

Durch die Betonung der Interessenunterschiede von Männern und Frauen unterstellt Gender Mainstreaming, daß es zwei wesentlich verschiedene Geschlechter gibt. Jede Betonung dieser - für normale Menschen offensichtlichen - Tatsache, daß es zwei verschiedene Geschlechter gibt, wird in vielen feministischen Diskursen schärfstens kritisiert und abgelehnt. Hierzu wurde der Kampfbegriff Heteronormativität geprägt, der die Heterosexualität als sozialen Standardfall anprangert bzw. ablehnt.

Gender Mainstreaming ist somit ausgesprochen heteronormativ, sowohl in der Definition als auch in den realen Handlungen. Man könnte vorschlagen, die Ziele und Prinzipien des Gender Mainstreaming von zwei Geschlechtern auf beliebige viele Geschlechtstypen auszuweiten. Beispielsweise leben homo- bzw. heterosexuelle Männer in sehr verschiedenen "Wirklichkeiten", z.B. hinsichtlich offener Homophobie oder Strafbarkeit der sexuellen Orientierung in manchen Ländern oder der Anbahnung sexueller Beziehungen, und müßten eigentlich als separate Gruppen betrachtet werden. Es ist aber kaum vorstellbar, wie man dann noch mit vertretbarem Aufwand das Hauptziel der einseitigen Frauenförderung realisieren könnte und die zugehörigen praktischen Mechanismen gestalten müßte. Hierbei würde vor allem die Illusion zerstört werden, "die Frauen" seien ein homogenes Kollektiv (vgl. hierzu die Diskussion des Elitefeminismus), weil offensichtlich würde, daß es mehr oder minder privilegierte Frauen gibt.



Quellenangaben und ergänzende Lektüre

Zur historischen Entstehung von Mainstreaming-Strategie und der Umschiffung demokratischer Beschlußfassungen:
Beispiele für Gesetze, in der "Gleichstellung von Frauen und Männern" dienen und zu diesem Zweck ausschließlich Frauen fördern:
  • Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes
    § 1 Ziel des Gesetzes: .... Nach Maßgabe dieses Gesetzes werden Frauen gefördert, um bestehende Benachteiligungen abzubauen. ...
  • Ähnliche Formulierungen finden sich in diversen Landesgleichstellungsgesetzen, z.B. im Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesgleichstellungsgesetz - LGG)
    § 1 Ziel des Gesetzes: .... Nach Maßgabe dieses Gesetzes und anderer Vorschriften zur Gleichstellung von Frauen und Männern werden Frauen gefördert, um bestehende Benachteiligungen abzubauen. ...
  • In allen länderspezifischen Hochschulgesetzen werden die Hochschulen verflichtet, Maßnahmen zur Förderung von Frauen zu ergreifen, ggf. eingeschränkt auf Bereichen, in denen diese unterrepräsentiert sind. Maßnahmen zur Förderung von Männer, auch in Bereichen, in denen sie extrem unterrepräsentiert sind, sind nie vorgesehen. Die (stets weiblichen) Gleichstellungsbeauftragten haben ausschließlich die Interessen von Frauen zu vertreten. Es sind flächendeckend in allen Bereichen - auch dort, wo Frauen überrepräsentiert sind - Frauenförderpläne zu erstellen, der Begriff Männerförderplan existiert nicht.