Sonntag, 3. März 2019

Framing beim NDR




Seit Wochen läßt die Aufregung um das für die ARD geschriebene Framing-Manual von Elisabeth Wehling nicht nach. Der Verdacht besteht, daß die ARD kein neutraler Berichterstatter ist, sondern mit unterbewußt wirksamen Methoden Meinungen manipuliert. Die ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab stellte hierzu in einem Interview mit "Meedia" klar, daß das Framing-Manual
Denkanstoß und Diskussionsgrundlage für Mitarbeitende [gemeint sind Mitarbeiter, nicht nur Angestellte, die tatsächlich mitarbeiten] ... [und] keine Mitarbeiteranweisung
ist. Genaugenommen hat sie damit aber auch nicht ausgeschlossen, daß die ARD fallweise nach Gutdünken trotzdem "Haltung zeigt" bzw. Meinungen manipuliert.

Nun betraf das Framing-Manual bekanntlich die Berichterstattung der ARD über sich selber, da ist eine gewisse Befangenheit naheliegend. Sehen wir uns also nach einem anderen aktuellen Thema um, bei dem Unbefangenheit selbstverständlich sein sollte.

Ein solches Thema ist die seit Wochen hochkochende Debatte um Frauenquoten in Parlamenten. Zu diesem Thema finden wir einen Artikel bzw. eine Leserumfrage des NDR vom 28.02.2019: "Ihre Meinung: Brauchen wir eine Frauenquote?". Um es kurz zu machen: in diesem kurzen Artikel manipuliert und desinformiert der NDR, daß sich die Balken biegen.

Framing beim NDR

Gehen wir also den kurzen NDR-Text satzweise durch.
Die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen steht seit fast 70 Jahren im deutschen Grundgesetz, doch die Realität sieht anders aus.
Man beachte den unheilschwangeren Ton, der einen moralischen Bewertungsrahmen konstruiert, wonach hier ein großes Unrecht vorliegt. Fakten oder Belege hierzu ("die Realität") werden nicht erwähnt.

Wir wissen nicht, in welcher Realität die Redakteurinnen des NDR leben, mit der These, "die Gleichberechtigung sei in der Realität nicht erreicht", wird ein Deutungsrahmen aufgerufen, wonach Frauen ein sog. Opfer-Abo haben, also immer und überall benachteiligt werden. An der Etablierung dieses Deutungsrahmens arbeitet die feministischen Propaganda mit Unterstützung der ÖR Medien seit Jahren intensivst. Der Deutungsrahmen ist insofern kontrafaktisch als Frauen rechtlich ganz im Gegenteil von Dutzenden Gesetzen privilegiert bzw. Männer rechtlich benachteiligt werden.

Weder in der Politik noch in der Wirtschaft oder Wissenschaft sind Frauen gleichberechtigt in den Führungsetagen vertreten.
Fortsetzung des unheilschwangeren Tonfalls. Inhaltlich wird hier ein Deutungsrahmen aufgerufen, wonach "gleiche Rechte" sich nicht auf Individuen beziehen soll, sondern auf die Kollektive der Frauen bzw. Männer. Der in diesem Satz so modifizierte Begriff "gleichberechtigt" verändert den Begriff "Recht" fundamental gegenüber unserer Verfassung (und ist ein Frontalangriff auf unsere Verfassung): Inhaber von Rechten und Pflichten sind in unserer Verfassung immer nur Personen, nicht willkürlich gebildete Kollektive.

Das begriffsverdrehende Framing ist hier so brutal, daß der Satz komplett unlogisch wird: Kollektive können eigentlich nur "gleichstark" oder "mit gleichen Anteilen" z.B. in der Politik vertreten sein. Selbst dann, wenn Kollektive Inhaber von Rechten sein könnten, wäre "gleiche Anteile" nicht dasselbe wie "gleiche Rechte". Es sei denn, man entkernt den Begriff "Recht" völlig und definiert "gleichberechtigt" als "gleiche Anteile". Auf der Sachebene wird also Verwirrung gestiftet, übrig bleibt die moralische Bewertung, daß hier großes Unrecht geschieht.

Der NDR reproduziert hier im übrigen die klassische Begriffsverdrehung in der feministischen Propaganda beim Kampfbegriff "Gleichberechtigung".

Trotz politischer Bemühungen und Quoten ist der Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland sogar leicht gesunken, so eine Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF).
Der erste Satz ohne direkt erkennbares Framing. Ersatzweise macht sich der NDR gemein mit Weltwirtschaftsforum, dessen Global Gender Gap für seine Unseriösität bzw. Desinformation notorisch bekannt ist. D.h. ob bzw. in welchem Sinn die Behauptung zutrifft, der Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland sei gesunken, wäre noch zu klären. Der Verweis auf das WEF sieht im übrigen stark nach einem reinen Autoritätsargument aus. Zufälligerweise werden keine Autoritäten zitiert, die sich gegen Frauenquoten aussprechen.
Nach Einschätzungen der Forscher wird es noch 200 Jahre dauern, bis Frauen und Männer weltweit am Arbeitsplatz gleichberechtigt sind.
Auch hier wird vor allem die emotionale Ebene angesprochen - 200 Jahren sind wirklich deprimierend - und moralisiert. Ansonsten eine Wiederholung der Begriffsverdrehung um den Begriff "gleichberechtigt". Wobei hier ohne erkennbaren Anlaß der implizite Bezugsrahmen Deutschland verlassen wird, stattdessen implizit werden Männer in Deutschland für alles Unheil auf der ganzen Welt schuldig gesprochen.
Was denken Sie?

Brauchen wir eine Frauenquote? Bringt sie etwas? Oder ist eine Frauenquote nicht geeignet, den Anteil an Frauen in den unterschiedlichen Bereichen zu erhöhen?

Nachdem in den ersten vier Sätzen die entsetzliche Lage der Frauen in Deutschland als Bezugsrahmen etabliert wurde, ist die Frage Brauchen wir eine Frauenquote? nur noch rhetorisch zu verstehen (JA!! Natürlich!) und dient der didaktischen Absicherung und Verstärkung der vorangehenden Meinungsmanipulation.

Die Frage Bringt sie etwas? ist an Einfalt schwer zu überbieten. Eine (harte) Frauenquote bringt Frauen in die gesetzlich für sie reservierten Positionen - was sonst? Das sollten sogar blutige Anfängerinnen wissen. Man fragt sich, ob die NDR-Redakteurinnen hiermit ihre völlige Ahnungslosigkeit dokumentieren wollen, zumindest bei Personen, die sich schon einmal mit dem Thema befaßt haben.

Die Frage Oder ist eine Frauenquote nicht geeignet, den Anteil an Frauen in den unterschiedlichen Bereichen zu erhöhen? ist eine Umformulierung der vorigen Frage, gleicher Kommentar wie vorstehend.

Auf einer emotionalen Ebene haben diese Fragen die Wirkung, daß sich die NDR-Redakteurinnen als fürsorgliche Personen positiv framen, die sich tatsächlich für die Einschätzungen der Leser interessieren. Daß dies zutrifft, muß aber bezweifelt werden, mehr dazu weiter unten.

Schreiben Sie uns! Wir werden an dieser Stelle einige Meinungen veröffentlichen.
Vermutlich nur Meinungen, die die richtige Haltung erkennen lassen.

Feministische Diskussionsverweigerung

Zuletzt stellt sich noch die Frage, was eine solche Umfrage im Jahre 2019 überhaupt soll. Das Thema Frauenquoten in Parlamenten und Parteien wird seit mindestens 10 Jahren sehr kontrovers diskutiert. Die Gegenargumente sind dutzendfach aufgeschrieben worden. Insb. von der Verfassungswidrigkeit müßte jeder gehört haben, der nicht seit 10 Jahren unter einem Stein gelebt hat.

Die verfassungsrechtlichen Probleme werden in diesem Artikel mit keinem Wort erwähnt - systematisches Verschweigen von Gegenargumenten ist eine beliebte Propagandatechnik. Für den uninformierten Leser wird die Illusion erzeugt, die Quotendebatte stünde am Anfang und die angebliche Verletzung des Grundgesetzes sei das dominierende Argument.

Die Strategie, die der NDR hier praktiziert, kann man als Diskussionsverweigerung bzw. Sichdummstellen bezeichnen: Der NDR hat eine enorme mediale Machtposition und kann es sich leisten, Argumente zu ignorieren, die nicht zu seiner feministischen Agenda passen. Daß sich reihenweise Verfassungsrechtler dazu die Finger wundgeschrieben haben - das ist egal, diese Personen verbreiten sowieso nur die falschen Frames, denen besser keine Plattform gegeben wird. Stattdessen kann der NDR schon 100 Mal geführte Debatten wieder bei Null - bzw. besser gesagt mit seinem Framing vorbesetzt - beginnen.

Fazit

Im Endeffekt betätigt sich der NDR hier als Drückerkolonne, die die feministische Ideologie durchsetzt. Er macht damit letztlich kostenlose Werbung für die Grünen, die SPD und sonstige Parteien, die sich dieser Ideologie verschrieben haben. Er ist nicht neuraler Berichterstatter, sondern Partei.

Schon das Beispiel dieses kurzen NDR-Textes zeigt, daß Framing im engeren Sinn von moralisch wertenden Begriffskontexten nicht alleine vorkommt. Framing ist nur eine Methode zur Meinungsmanipulation, neben selektiver Berichterstattung bzw. einseitiger Parteinahme, Bezug auf dubiose Studien und anderen Methoden. Diese anderen Methoden sind wichtiger und wirksamer als unterbewußte Wertungen durch die Wortwahl oder moralisch aufgeladenes Kontextwissen. Insofern geht die aktuelle Konzentration auf das unterbewußte Begriffsframing am Problem vorbei, daß z.B der NDR und damit einer der großen Sender der ARD z.B. in der Geschlechterdebatte massiv mit allen möglichen Methoden desinformiert.

So oder so hat man offenbar beim NDR das Framing-Manual mit Gewinn gelesen, und ARD-Generalsekretärin Pfab hat auch nicht die Unwahrheit gesagt.

Quellen

  1. Susanne Pfab / Stefan Winterbauer (Interview): Wofür braucht die ARD denn ein "Framing Manual"? Generalsekretärin Susanne Pfab über den viel diskutierten Sprach-Leitfaden. Meedia, 12.02.2019. https://meedia.de/2019/02/12/wofuer-braucht-die-ard-den ... tfaden/
  2. Ihre Meinung: Brauchen wir eine Frauenquote? NDR, 28.02.2019. https://www.ndr.de/kultur/kulturdebatte/Ihre-Meinung-Br ... 66.html